- niederländische Musik
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die Musik in den ehemaligen burgundischen, dann habsburgischen und später Spanischen Niederlanden (dem heutigen Königreich der Niederlande) und früher auch in den südlichen Niederlanden (dem heutigen Königreich Belgien).Die niederländischen Komponisten der burgundischen und habsburgischen Zeit bestimmten mit mehrstimmigen Kompositionen (Messen, Motetten, Chansons) im 15. und 16. Jahrhundert die abendländische Musik entscheidend. Frühester Meister ist der aus Lüttich stammende Johannes Ciconia (* um 1335, ✝ 1411). Zur ersten Blüte kam die niederländische Musik am burgundischen Hof Philipps des Guten und Karls des Kühnen zwischen etwa 1420 und 1470 mit den aus dem französischen-sprachigen Hennegau gebürtigen Komponisten G. Dufay und G. Binchois (burgundische Musik). Das flämische Element tritt in der zweiten Jahrhunderthälfte mit J. Ockeghem und J. Obrecht hervor. Dieser Epoche gehören weiter Josquin Desprez und H. Isaac an (frankoflämische Schule). Die großen Meister des 16. Jahrhunderts sind N. Gombert, A. Willaert und J. Clemens non Papa. Willaert begründete die venezianische Schule. Zu seinen Schülern gehören der Niederländer C. de Rore und der Venezianer A. Gabrieli.Mit O. di Lasso beginnt die letzte große Epoche der niederländischen Musik (etwa 1565-94). Er repräsentiert, gemeinsam mit dem Italiener G. P. da Palestrina, die klassische Vokalpolyphonie; französisch Chanson, deutsch Liedbearbeitung und italienisch Madrigal beherrschte er gleichermaßen. Die große Zeit der niederländischen Vokalpolyphonie klingt aus mit J. P. Sweelinck, der mit seinen Orgel- und Klavierwerken zugleich die Instrumentalmusik pflegte. Nach ihm erreichten die Komponisten in den nördlichen Niederlanden nur noch lokalgeschichtliche Bedeutung. Die Entfaltung der Kirchenmusik wurde durch den Kalvinismus beeinträchtigt. Erst 1829 begann eine bewusste Pflege einheimischer Musik, und seit dem Ende des 19. Jahrhunderts gewinnt die europäische Entwicklung auch in den Niederlanden Form (Johan Wagenaar, * 1862, ✝ 1941, u. a.). W. Pijper und dessen Schüler H. Badings gelten als Mitbegründer der Neuen Musik, um deren Anschluss an die internationalen Richtungen der Gegenwart u. a. bemüht sind: Ton de Leeuw (* 1926, ✝ 1996), Peter Schat (* 1935), Otto Ketting (* 1935), Misha Mengelberg (* 1935), Jan van Vlijmen (* 1935), Reinbert de Leeuw (* 1938), L. Andriessen, der aus Spanien stammende Enrique Raxach (* 1932), K. Boehmer und Tristan Keuris (* 1946); sie zeigen zum Teil auch politisches Engagement. Förderung erfährt die Neue Musik der Niederlande besonders durch die 1947 gegründete Stiftung DONEMUS (»Documentatie in Nederland voor Muziek«), Amsterdam. In Bilthoven besteht das Kontaktzentrum »Gaudeamus« für junge Musiker. 1960 entstand an der Universität Utrecht ein Studio für elektronische Musik (1967 umbenannt in Institut für Sonologie). Ein Studio für Elektro-Instrumentale Musik entstand 1970 in Amsterdam. Auf dem Gebiet der elektronischen Musik traten neben H. Badings v. a. Ton Bruynèl (* 1934), Dick Raaijmakers (* 1930) und Jan Boerman (* 1923) hervor. Einige jüngere Komponisten beziehen auch Elemente der Pop- und Rockmusik in ihre Kompositionen ein.In den südlichen Niederlanden bestand die von Philipp II. in Brüssel begründete Kapelle (»Capilla real«) bis Ende des 18. Jahrhunderts Im späteren Belgien lehnte sich die Musik besonders an französische Vorbilder an (belgische Musik).C. van den Borren: Geschiedenis van de muziek in de Nederlanden, 2 Bde. (Amsterdam 1949-51);W. Elders: Studien zur Symbolik in der Musik der alten Niederländer (a. d. Niederländ., Bilthoven 1968);A. Dunning: Die Staatsmotette, 1480-1555 (Utrecht 1970);L. Samama: Zeventig jaar Nederlandse muziek, 1915-1985 (Amsterdam 1986).Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:Musik der Renaissance: Frankoflämische Schule, England und Italien
Universal-Lexikon. 2012.